DIE ZELLEN
Das Preußische Vorbild
Bei der Gestaltung des Untersuchungsgefängnisses in Wismar ist die Übernahme der preußischen Vorbilder unverkennbar.
Ein Vergleich mit einem Handbuch von 1891, das auf Grundlage der preußischen Vorbilder musterartig den Bau von Untersuchungsgefängnissen und Strafanstalten bis ins Detail vorstellte, wird die Herkunft der gestalterischen Grundformen, die zu dieser Zeit bereits seit Jahren wirksam waren, deutlich. So wird hinsichtlich der räumlichen Anordnung als Beispiel der Lageplan des Amtsgerichts Merseburg samt Gefängnis gezeigt. Gericht und Gefängnis befinden sich auf einem durch Mauern abgeschlossenem Gelände. Es gibt nach Funktionen getrennte Höfe für den Freigang der Gefangenen und die Notwendigkeiten des Wirtschaftsbetriebs. Wie in Wismar ausgeführt, wird für den Baukörper als typisch „in der Grundform ein längliches Rechteck mit einer Mittelcorridor-Anlage“ vorgestellt, das eine annähernd gleiche Anordnung der Arrestzellen und weitere Nutzräume samt Wärterwohnung umfasst.
Auch die musterhaft im Handbuch abgebildeten Einzelformen, wie „die innere Einrichtung einer Zelle“, die erhöht „1,5 m über Fußboden angebrachten Zellenfenster“ mit Segmentbogen aus Eisen, die offene Treppe ohne Setzstufen „mit Wangen aus Eisen“ und die als Rahmenwerk gearbeiteten „Zellentüren …mit BeobachtungsÖffnung“ verweisen auf das preußische Vorbild. Die preußische Bauverwaltung legte Musterpläne für die Bauten vor, in denen die wichtigsten Kriterien bezeichnet waren und als Orientierung dienen sollten.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bedingungen im jeweiligen innerstädtischen Kontext entwickelten sich auf dieser Grundlage zwar grundsätzlich ähnliche bauliche Lösungen – insbesondere hinsichtlich des Grundrisses-, doch keine musterartigen Gebäudeformen, wie dies beispielsweise bei Schul- oder Bahnhofsbauten in Preußen der Fall war. Geschuldet war dies dem Bestreben, das auch in Wismar zum Ausdruck kommt, eine der historischen Umgebung angemessene Gestaltung zu erreichen.
Nach dem Beitritt zum Deutschen Reich und der Aneignung der jeweiligen Gesetzgebung für die verschiedenen hoheitlichen Aufgaben übernehmen viele deutsche Staaten die Vorbilder der preußischen Bauverwaltung. Dies geschah auch in Mecklenburg.
THE CELLS
The Prussian Model
In the design of the remand prison
in Wismar, the adoption of Prussian models is unmistakable.
A comparison with a handbook from 1891, which, based on Prussian models, presented the construction of remand prisons
and penal institutions in detail, clearly reveals the origins of the basic design forms, which had already been in effect for years at that time. Regarding the spatial layout, the site plan of the Merseburg District Court, including the prison, is shown as an example.
The court and prison are located on a walled site. There are courtyards separated by functions for the release of prisoners and for the needs of the business. As described in Wismar, the building is typically presented as “an elongated rectangle with a central corridor” in its basic form, which includes an almost identical arrangement of detention cells and additional utility rooms, including a guard’s quarters.
The individual forms illustrated in the manual, such as the “interior design of a cell,” the “cell window raised 1.5 m above floor” with segmental arches made of iron, the open staircase without risers “with iron stringers,” and the “cell doors… with observation opening” constructed as a framework, also refer to the Prussian model.
The Prussian building administration submitted sample plans
for the buildings, in which the most important criteria were identified and intended to serve as a guide. Due to the very different conditions in the respective inner-city contexts, fundamentally similar structural solutions emerged on this basis—particularly with regard to the floor plan—but no model-like building forms emerged, as was the case, for example, with school or train station buildings in Prussia. This was due to the desire, which is also expressed in Wismar, to achieve a design appropriate to the historical environment. After joining the German Empire and adopting the respective legislation for various sovereign functions, many German states adopted the model of the Prussian construction administration. This also happened in Mecklenburg.